Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 06.12.2021

Mikroplastikabrieb von Abwasserrohren aus Kunststoff

Das Kanalnetz in Deutschland erstreckt sich im öffentlichen Bereich über eine Länge von 594.000 Kilometern. Im Privatbereich kommt die anderthalb- bis zweifache Strecke dazu. Fraunhofer UMSICHT hat vor diesem Hintergrund im Auftrag der Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e.V. abgeschätzt, welche Menge an Mikroplastikpartikeln durch den Verschleiß von Abwasserrohren aus Kunststoff in die Umwelt gelangen. Die Überlegungen zeigen: Die freigesetzte Abriebmenge liegt in ähnlicher Größenordnung wie die von Rasentrimmern.

Kunststoffe sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Auch der Anteil an Kunststoffrohren im Abwassersystem steigt seit Jahren. Mittlerweile bestehen knapp 18% des öffentlichen Abwassernetzes aus Kunststoff (Quelle: Berger et al. (2020))- das entspricht einer Strecke von 106.920 km unter der Erde. Sie besitzen eine glatte Oberfläche und hohe Elastizität.

Dennoch geben Kunststoffrohre Mikroplastikpartikel an die Umwelt ab. „In den Kanälen herrschen sehr aggressive Bedingungen durch Feuchtigkeit, Strömung und Abrasivstoffe“, schildert Jürgen Bertling, stellvertretender Abteilungsleiter Nachhaltigkeits- und Ressourcenmanagement beim UMSICHT, „Durch den Verschleiß setzen die Rohre schließlich Mikroplastikpartikel frei.“ Die partikulären, schleißenden Bestandteile stammen überwiegend aus dem Niederschlagswasser und finden sich deshalb in Regen- und Mischkanälen. Zwar geht nicht der gesamte Abrieb in die Umwelt, da Abwasserbehandlungsanlagen einen Teil zurückhalten. Allerdings wird ein Teil der zurückgehaltenen Partikel mit dem Klärschlamm wieder auf Felder ausgebracht. Reine Regenwasserkanäle führen dagegen meist ungeklärt oder nur durch einfache Absetzbecken in die Vorfluter.

46 Tonnen Mikroplastik pro Jahr im öffentlichen Bereich

Die Forscher von Fraunhofer UMSICHT haben in einer ersten Studie im öffentlichen Kanalnetz einen Abrieb von 120 Tonnen Mikroplastik pro Jahr abgeschätzt. Davon hält die Abwasserbehandlung rund 62% zurück. Die freigesetzte Abriebmenge beträgt daher 46 Tonnen pro Jahr.

Im privaten Bereich gestaltet sich die Abschätzung durch die wenigen Daten schwieriger. Das Team hat angenommen, dass der Durchmesser der Rohre kleiner, aber der Kunststoffanteil demgegenüber hoch ist. Der abgeschätzte Abrieb von rund 500 Tonnen pro Jahr im Abwassernetz auf privaten Grundstücken reduziert sich durch die Abwasserbehandlung auf ca. 190 Tonnen pro Jahr.

Außerdem: Kunststoffrohre werden während des Einbaus häufig vor Ort gekürzt und neu gefast. In der Regel wird dies ohne besondere Vorkehrungen durchgeführt, und die Späne verbleiben im Rohr oder zum größten Teil im umgebenden Erdreich. Die Emissionen durch Schnittverluste beim Verlegen schätzen die Forschenden aber auf unter 10 Tonnen pro Jahr und damit vergleichsweise gering ein.

Mikroplastikemissionen von Kunststoffrohren eher gering

Die Ergebnisse der Abriebmengen liegen somit weit unter den Abriebmengen, die zum Beispiel durch Pellets entstehen (14924 t/a) entstehen, aber in vergleichbarer Größenordnung wie Rasentrimmer (123 t/a) (Quelle: Bertling, Hamann und Bertling (2018)). Die Abschätzungen zeigen, dass zurzeit die Mengen an Kunststoffabrieb im Vergleich zur Gesamtmenge der Mikroplastikemissionen eher gering sind. Die emittierten Polymere PE und PVC gelten allerdings als besonders schwer abbaubar.

Von Parameterkombinationen zur wahrscheinlichen Abriebmenge

Um die jährlichen Abriebmengen erstmalig abschätzen und ggf. einen Handlungsbedarf erkennen zu können, haben die Forscher in einem ersten Schritt zu Messverfahren und Abschätzung des Abriebs recherchiert. Daraufhin erfolgte die Abschätzung beruhend auf der Verteilung von Längen, Durchmessern und der Abriebtiefen über die Lebensdauer, die veröffentlichten Literaturwerten entnommen wurden. Die wenigen verfügbaren Daten dienten dem Team für eine erste Einschätzung. Allerdings hinterfragen sie die Vergleichbarkeit der verwendeten Ergebnisse der Darmstädter Rinne bei verschiedenen Werkstoffen in Hinblick auf Laborversuche und Lebensdauer.

„Da wir die Parameter nur sehr unsicher bestimmen können, haben wir für jeden Parameter ein gewisses Intervall geschätzt“, erklärt Jan Blömer, Abteilung Nachhaltigkeit und Partizipation. „Den Abrieb berechnen wir jeweils für 1000 Parameterkombinationen. Daraus können wir dann einen wahrscheinlichen Abrieb mit einer gewissen Schwankungsbreite bestimmen.“ Der Abrieb pro Jahr ergibt sich so aus der Kanalnetzlänge multipliziert mit dem Anteil der Kunststoffrohre, der Verschleißbreite und der Verschleißtiefe geteilt durch die Lebensdauer.

Mikroplastik in der Umwelt

Große Mengen von Kunststoffen gelangen jedes Jahr in die Umwelt. Fraunhofer UMSICHT arbeitet seit 2015 daran, den Erkenntnisstand rund um die Thematik Kunststoffemissionen zu verbessern. Das Forschungsteam der Konsortialstudie „Mikroplastik“ konnte im Juni 2018 insgesamt ca. 70 Quellen für Mikroplastikemissionen identifizieren. Die (primären) Mikroplastikemissionen in Deutschland haben sie auf 330.000 Tonnen pro Jahr geschätzt. Aktuell versuchen die Wissenschaftler, einzelne Quellen genauer zu bestimmen und auch die Transferpfade in die Umwelt aufzuschlüsseln.

Baulinks-Beiträge vom 5. Dezember 2021

Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur für „Einfach Bauen“
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1804.php4
Das Projekt „Einfach Bauen“ im bayerischen Bad Aibling wurde mit Deutschlands renommiertestem Architekturpreis für Nachhaltigkeit aus­ge­zeich­net. Die Jury sieht in dem Projekt einen wichtigen Impulsgeber für die Planungsbranche und die Bauindustrie. weiter lesen

Die Sieger beim 14. Deutschen Nachhaltigkeitspreis
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1803.php4
Am 3.12. wurde in Düsseldorf zum 14. Mal der Deutsche Nach­hal­tig­keits­preis (DNP) verliehen. Prämiert wurden diverse Zukunftsideen und Spitzenleistungen der Nachhaltigkeit in den Bereichen Wirtschaft, For­schung und Kommunen. weiter lesen

Kunststoffrecycling in der Baubranche stärken!
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1802.php4
Der Baubereich ist nach Verpackungen das zweitgrößte An­wen­dungs­gebiet von Kunststoffen: 2017 wurden etwa 2,6 Mio. Tonnen verbaut. Doch es fehlt derzeit an geeigneten Vorgaben für das Recycling der Kunst­stoff­bau­pro­dukte, zudem werden die Mengen ungenügend erfasst. weiter lesen

Kreislaufgerecht bauen mit Urban Mining und Gebäudeausweis
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1801.php4
Jährlich werden Milliarden Tonnen von Kalk, Sand und Stahl teuer in Gebäuden verbaut – nur um nach dem Abriss als Abfall oder minder­wer­tiges Füllmaterial im Straßen- und Erdbau verschwendet zu werden. weiter lesen

Entspannung im Sicherheits-Markt
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1800.php4
Zum Ende des zweiten Corona-Jahres scheint sich die wirtschaftliche Lage im Sicherheits-Markt etwas zu entspannen - zu diesem Ergebnis kommt die Herbst-Konjunktur-Umfrage des Bundesverbands Sicher­heits­tech­nik (BHE). weiter lesen

Stiebel Eltron steigert Umsatz zweistellig und kündigt 400 neue GreenTech-Arbeitsplätze an
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1799.php4
Stiebel Eltron hat seinen Umsatz in den vergangenen Jahren deutlich auf zuletzt 700 Mio. Euro gesteigert. Allein für 2020 vermeldet das Un­ternehmen ein Plus von 18% im Vergleich zum Vorjahr. weiter lesen

Fachkräftemangel: Schüco startet Branchen­kam­pagne
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1798.php4
Ein Schaf hat es sich auf dem Bett gemütlich gemacht? Momentan feh­len rund 50.000 Fachkräfte und Auszubildende im Metallbau - und das hat Folgen, denn Fenster, Türen, Fassaden, Schiebetüren und Son­nen­schutz­sys­teme sind essenzielle Elemente beim Bauen. weiter lesen

Andrew Leach neuer Kalzip-CEO neben Peter Brechtelsbauer
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1796.php4
Anfang Dezember übernahm Andrew Leach den CEO-Posten bei der Kalzip GmbH. Der gebürtige Brite ist seit vielen Jahren in der Branche und bei Kalzip tätig - u.a. in verschiedenen Führungspositionen in Sales und Mar­ke­ting auf internationaler Ebene. weiter lesen

KaMo und Delta Systemtechnik verschmelzen unter dem Uponor-Dach
https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1795.php4
Aus der KaMo GmbH und der Delta Systemtechnik GmbH wird ein gemeinsames Unternehmen. Es firmiert seit dem 1. Dezember 2021 als Uponor Kamo GmbH. weiter lesen

Impressum | Datenschutz © 1997-2023 BauSites GmbH