Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 08.08.2023

Editorial: Zu wenig, zu teuer, zu langsam?

In der gestrigen Süddeutschen Zeitung war ein launiger Artikel von Gerhard Matzig zu lesen, überschrieben mit „Das Doppelbett-Dilemma“. Wirklich sehr kurzweilig und pointiert formuliert, stellenweise gar provokant und polarisierend, lässt sich der Autor über die deutsche Regelwut aus, die er als hausgemachtes Kernproblem für die Wohnungskrise identifiziert. Ausgangspunkt seiner Häme und seines Spotts ist die normativ angesetzte Standardbreite deutscher Doppelbetten von 1,80 m für geförderten Mietwohnraum. Wohingegen man sich in Fronkroisch, Fronkroisch, „mit oft (nur) 1,60 m“ begnügt, und in Italien – O sole mio – seien „die Matratzen oft nur 1,90 m lang“.

Worauf Herr Matzig damit hinaus will: Weil in Deutschland bis zum Mobiliar hin beim (sozialen) Wohnungsbau alles normiert und geregelt wird, ist das Bauen zu teuer und zu langsam, letzten Endes haben wir also deswegen zu wenig Wohnungen. Hm … eine wirklich steile These: Ist die Frage der Bettengröße für die viel zu hohen Kosten im deutschen Wohnungsbau verantwortlich respektive den daraus resultierenden Mangel? Hui … da fielen mir spontan aber ein paar andere, gewichtigere Kosten-Aspekte ein wie Bodenspekulation, Baupreise, Gebäudetechnik und stellvertretend für den Ausstattungswahn die berüchtigten „goldenen Wasserhähne“. Herr Matzig benennt diese Kostentreiber zwar auch, aber nur als weitere „Schubkräfte“. Er hat die Normen im Visier, und gibt kräftig Gummi, indem er ihre Sinnhaftigkeit generell und ihren Einfluss auf die Baukosten überzeichnet.

Damit nicht genug, unterstellt Herr Matzig der „normfreundlichen Bauindustrie“, dass „jede neue Norm eine neue Art der Subvention darstellt“. Wenn es so einfach wäre. Richtig ist: In den Normungsgremien sitzen auffallend viele bis mehrheitlich Vertreter der Bauindustrie, worüber sich durchaus die Stirn runzeln ließe, wäre man ein Schelm, der Böses dabei denkt. Architekten, Ingenieure, Kammervertreter und Forschende wären in solchen Runden sehr gerne gesehen – aber sie kommen nicht. Sondern schimpfen am Ende nur über das, was das Normgremium hinter verschlossener Tür fabriziert hat. Aber ich bin abgeschweift: Interessant – und auch sehr fragwürdig – empfinde ich die These, dass wir zu wenig, zu teuer und zu langsam bauen, weil uns Deutschen das Regeln und Normieren so sehr im Blut liegt, wie das enge Kuscheln der Franzosen und die den Italienern angedichtete Obsession, lieber ihre Füße am Bettende ins Freie zu strecken, als sich eine zehn Zentimeter längere Matratze zu gönnen. Gegenfrage: Wo stünden wir heute bei der Gebäudeeffizienz ohne EnEV und GEG? Und welcher Investor würde freiwillig Behinderten-Toiletten oder Brandriegel vorsehen, würde die Norm dies nicht einfordern?

Aber in einem Punkt stimme ich Herrn Matzig durchaus und gerne zu: Dass wir von Schleswig-Holstein bis Bayern jedem Klein- und Freistaat eine eigene Landesbauordnung gönnen, also insgesamt 16 an der Zahl, könnte man ebenso überdenken wie so manche Bestimmung und schwer verständliche Formulierung in den rund 3.000 baurelevanten DIN-Normen. Und so ganz nebenbei auch die Frage, warum der Erwerb der Normblätter, -sammlungen und -bücher für den Architekten, Ingenieur, Fachplaner und Handwerker so sauteuer ist. Daraus ein Geschäft zu machen, ist ein Unding. Wer Normen in die Welt setzt, sollte verpflichtet sein, sie kostenfrei unter die Fachleute zu bringen. Ach, ich könnte mich aufregen … sei´s drum. Die Frage lautete doch: Ob weniger Normen und Gesetze das Zeug haben, das Bauen von Wohnungen so günstig zu machen, dass sich dadurch die Wohnungsnot lösen ließe? Daran habe ich so meine Zweifel, Herr Matzig. Und die zwanzig Zentimeter bei den Ehebetten und der Platz für den obligatorischen SUV-Kleiderschrank reißen´s nun wirklich nicht raus. Mein Sohn hat in Heidelberg gerade ein vergleichsweise günstiges Studenten-WG-Zimmer mit zehn Quadratmetern ergattert, für sage und schreibe 360 Euro Miete im Monat, also 36 Euro pro Quadratmeter. Mit Hochbett und Schreibtisch drunter – das nenne ich mal effiziente Wohnraumnutzung, aber auch wohnungsnotbasierte Mieteinnahmen-Optimierung.

Ihre Claudia Siegele
  

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