Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 10.08.2023

Österreichischer Frühspargel

Hätten Sie das gedacht? Das weltweit erste stromerzeugende Windrad stand nicht in Windmühlenholland, sondern im Wiener Prater – und das schon vor 140 Jahren! In jenem Sommer, im August 1883, öffnete die Internationale elektrische Ausstellung auf dem Gelände rund um die Rotunde – nach Paris (1881) und München (1882) – zum dritten Mal ihre Pforten, und der österreichische Konstrukteur Josef Friedländer hatte seine Windturbine des Bautyps Halladay recht prominent im Eingangsbereich des Geländes aufgebaut.

Er hatte die Anlage, die in Nordamerika auf Farmen zum Pumpen von Wasser verwendet wurde, zur Erzeugung von Elektrizität adaptiert. Sie war mit rund 25 Metern Höhe und dem 6,6 m Durchmesser großen Windrad zwar nicht zu übersehen, trotzdem stahl dem Herrn Friedländer damals die Präsentation der ersten elektrischen Straßenbahn die Show. Dass aber an diesem Ort und zu jener Zeit erstmals Strom mit einem Windrad erzeugt worden war, belegen Dokumente, die der französische Windexperte Philippe Bruyerre kürzlich entdeckt hat. Bisher ging man davon aus, dass es entweder der Franzose Charles de Goyon oder der Schotte James Blyth war, der 1886 weltweit zum ersten Mal mittels Windkraft Strom erzeugte. Aber der österreichische Ingenieur war drei Jahre früher auf die Idee gekommen, mit dem „öpferdigen Halladay’schen Wind-Motor zur Anhäufung elektrischer Energie mittelst einer kleinen Dynamo-Maschine und Accumulatoren (System de Calo)“ Strom in mehrere Batterien einzuspeisen, mit denen wiederum Werkzeuge und Lampen sowie eine Dreschmaschine betrieben worden waren.

Leider hat es dann noch fast 140 Jahre gedauert, bis es diese regenerative Stromerzeugung geschafft hat, der schmutzigen Kohle, dem klimaschädlichen Öl und Gas sowie der ewig strahlenden Kernenergie die Stirn zu bieten. Trotzdem wird diese saubere Form der Energiegewinnung von ihren Gegnern bis heute misstrauisch beäugt und wegen „Verspargelung der Landschaft“ abgelehnt. Jo bist Du deppert!?

Ihre Claudia Siegele
  

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